Textfunktion

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Unter Textfunktion versteht man die dominierende Aufgabe eines Textes im sprachlichen Handeln. Sie hat eine beabsichtigte Wirkung auf die Rezipienten und tatsächlich eintretende Folgen.

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Der Begriff Textfunktion bezieht sich auf die Realisierung von Intentionen im Sinne einer Situationslenkung, Situationsveränderung. Das Einhalten bestimmter (auch textsortenspezifischer) Konventionen ist in der Regel eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung dafür, dass die tatsächlichen Folgen bei der Textverwendung den beabsichtigten Wirkungen entsprechen. Bei den meisten Texten lässt sich eher eine dominierende als eine einzige Textfunktion feststellen.

Unter Textfunktion wird die durch sprachliche Ausdrücke vermittelte, an den Rezipienten gerichtete Instruktion verstanden, wie der Text zu verstehen sei (Große 1976: 15 ff, 26, 68), bzw. die Kommunikationsabsicht des Textverfassers, die im Text mit konventionell geltenden Mitteln realisiert ist (Brinker 1992: 86):

  • Der Terminus 'Textfunktion' bezeichnet die im Text mit bestimmten, konventionell geltenden, d. h. in der Kommunikationsgemeinschaft verbindlich festgelegten Mitteln ausgedrückte Kommunikationsabsicht des Emittenten.

Brinker betont, dass die tatsächliche Textwirkung durchaus von der intendierten Textfunktion abweichen kann (Brinker 1992: 87).

Die Klassifizierung von Texten nach ihrer Funktion in der Kommunikation greift vielfach auf Bühlers Theorie von den Sprachfunktionen zurück (Bühler 1934: 28 ff) bzw. auf Searles Klassifizierung von Sprechakttypen (Searle 1975). Die Aufstellung einheitlicher Differenzierungskriterien für Textfunktionen ist umstritten. Einige Differenzierungen beschränken sich auf Gebrauchstexte.

Brinker unterscheidet unter dem Aspekt des kommunikativen Kontakts fünf textuelle Grundfunktionen (Brinker 1992: 97):

  • Informationsfunktion (Wissensübermittlung, z. B. durch Sachbuch, Nachricht, Bericht, Beschreibung) (98 ff),
  • Appellfunktion (Meinungsbeeinflussung, z. B. durch Werbeanzeige, Kommentar, Antrag, Bittschrift) (101 ff),
  • Obligationsfunktion (Verpflichtung zum Vollzug von Handlungen, z. B. durch Vertrag, Gelöbnis, Garantieschein) (109 ff),
  • Kontaktfunktion (Herstellen und Aufrechterhalten von persönlichen Beziehungen, z. B. durch Beileids- und Glückwunschschreiben) (111 f),
  • Deklarationsfunktion (explizite Einführung eines Tatbestandes, z. B. durch Bevollmächtigung, Schuldspruch, Testament, Ernennungsurkunde) (112 f).

Im Gegensatz zu Auffassungen über eine streng hierarchisch segmentierbare Illokutionsstruktur im Text (Motsch 1987, Motsch & Viehweger 1981, 1991) betont Brinker den Charakter der Textfunktion als kommunikativer Gesamtfunktion eines Textes (Brinker 1992: 90).

  • Der Handlungscharakter, der durch die Textfunktion bezeichnet wird, kommt dem Text als Ganzem zu.

Brinker weist auf enge Zusammenhänge zwischen Textfunktion und Textstruktur hin (113) und auf Verträglichkeitsbeziehungen zwischen Textfunktion und Hauptthema des Textes (52).

Die Textfunktion gilt als Kriterium für die Unterscheidung von Texttypen (vgl. Heinemann & Viehweger 1991: 144 ff, 147 ff) bzw. als Basiskriterium für die Textsortenklassifizierung (Große 1976, Brinker 1992, Rolf 1993). Die primären Textfunktionen in der Texttypologie von Heinemann und Viehweger (sich ausdrücken/sich selbst darstellen, kontaktieren, informieren, steuern) gelten auch für fiktionale Texte mit ästhetischen Wirkungen (Heinemann & Viehweger 1991: 149 ff).

Unter dem Aspekt der Funktion in der Interaktion unterscheiden Beaugrande und Dressler deskriptive, narrative und argumentative Texte (Beaugrande & Dressler 1981: 190 f). Deskriptive Texte (z. B. Berichte, Beschreibungen) informieren über etwas, in narrativen Texten werden Ereignisse und Handlungen in einer bestimmten Reihenfolge angeordnet (190), durch argumentative Texte sollen die Überzeugungen der Rezipienten beeinflusst werden (190 f). (Zwischen diesen Hauptfunktionen von Texten in der Kommunikation und den komplexen Strategiemustern Narration, Deskription, Argumentation (Heinemann & Viehweger 1991: 237) lassen sich Parallelen feststellen; vgl. auch die Grundformen thematischer Entfaltung (Brinker 1992: 59 ff).)

Siehe auch

Handeln, sprachliches Handeln, Intention, Intentionalität, Situation, Situationalität, Texttypologie, Textsorten, thematische Entfaltung, Strategiemuster, Sprechakt

Link

Eva Schoenke, Textlinguistik-Glossar

Literatur

  • de Beaugrande, Robert-Alain und Wolfgang U. Dressler. 1981. Einführung in die Textlinguistik (= Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft 28). Tübingen: Niemeyer.
  • Brinker, Klaus. 1992. Textlinguistik. Heidelberg: Groos.
  • Bühler, Karl. 1934. Sprachtheorie. Die Darstellungsfunktion der Sprache. Jena: Fischer. (1982. Stuttgart: Fischer).
  • Große, Ernst Ulrich. 1976. Text und Kommunikation. Eine linguistische Einführung in die Funktionen der Texte. Stuttgart: Kohlhammer.
  • Heinemann, Wolfgang & Dieter Viehweger. 1991. Textlinguistik. Eine Einführung (= Reihe Germanistische Linguistik 115). Tübingen: Niemeyer.
  • Motsch, Wolfgang. 1987. Zur Illokutionsstruktur von Feststellungstexten. In: Zeitschrift für Phonetik, Sprachwissenschaft und Kommunikationsforschung 40/87: 45-67.
  • Motsch, Wolfgang & Dieter Viehweger. 1981. Sprachhandlung, Satz und Text. In: Rosengren, Inger (Hrsg.) Sprache und Pragmatik. Lunder Symposium 1980 (= Lunder germanistische Forschungen). Malmö: Gleerup: 125-154.
  • Motsch, Wolfgang & Viehweger, Dieter. 1991. Illokutionsstruktur als Komponente einer modularen Textanalyse. In: Brinker, Klaus (Hrsg.) Aspekte der Textlinguistik (= Germanistische Linguistik 106/107). Hildesheim/Zürich/New York: Olms.: 107-132.
  • Rolf, Eckard. 1993. Die Funktionen der Gebrauchstextsorten. Berlin/New York: de Gruyter.
  • Searle, John R.. 1975. A Taxonomy of Illocutionary Acts. In: Gunderson, Keith (ed.) Language, Mind, and Knowledge (= Minnesota Studies in the Philosophy of Science VII). Minneapolis: University of Minnesota: 344-369. (1976 abgedruckt: Trier: L.A.U.T. Series A, 40).