Rheinischen Fächers

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Definition

Der Rheinische Fächer bezeichnet ein Dialektkontinuum zwischen Hochdeutsch und Niederdeutsch.

Das niederdeutsche Gebiet unterscheidet sich vom Hochdeutschen dadurch, dass die zweite deutsche Lautverschiebung dort nicht oder nicht vollständig durchgeführt wurde. Schon im Rheinischen Sprachatlas von Wenker (1915) wurde die Benrather Linie als Trennlinie definiert. Sie verläuft in Ost-West-Richtung von Aachen bis Frankfurt an der Oder, kreuzt den Rhein bei Benrath und trennt das Hochdeutsche im Süden vom Niederdeutschen im Norden.
Die Bezeichung Rheinischer Fächer wurde ursprünglich von Frings (1956) geprägt. Er erweiterte das Konzept einer einzigen Trennlinie auf ein Übergangsgebiet, das durch einen Linienbündel beschrieben wird, dessen Linien einzelne lautverschobene Wörter trennen. So entstehe ein Lautverschiebungsfächer, der Rheinische Fächer, zwischen den hochdeutschen oder mittelfränkischen Gebieten im Süden und die niederdeutschen oder niederfränkischen Gebieten im Norden des Fächers.

Frings (1956) teilt die den Rheinischen Fächer von Süden nach Norden wie folgt ein:

1. Rheinfränkisch zwischen der Speyerer Linie (p/pf-Isoglosse) und der Sankt Goarer Linie (wat/was-Isoglosse).
2. Moselfränkisch zwischen der Sankt Goarer linie und der Bad Honnefer Linie (dorp/dorf-Isoglosse).
3. Ripuarisch zwischen Bad Honnefer Linie und Benrather Linie.
4. Südniederfränkisch/ Limburgisch zwischen Benrather und Ürdinger Linie (ik/ich-Isoglosse).

Die Isoglossen lassen sich nach Westen auf niederländischen und belgischen Boden verlängern (Goossens, 1965) und enden an der romanisch-germanischen Sprachgrenze in Südwesten. Nach Westen und Nordwesten wird der Rheinische Fächer vom holländisch-brabantischen Niederfränkisch, nach Norden vom kleverländischen und nach Osten vom westfalischen Dialekt begrenzt.

Frings (1956: 5) ist der Meinung, dass es wegen der Verwendung der ch-Pronomina in der limburgischen Region (dem mich-Quartier) sinnvoller wäre, die Ürdinger anstelle der Benrather Linie als niederdeutsch-hochdeutsche bzw. niederfränkisch-mittelfränkische Grenze anzusetzen.

Historischer Hintergrund

Frings (1956: 5) geht davon aus, dass die sprachlichen Varianten eine Folge der politischen Wirren zwischen dem 10. und 15. Jahrhundert sind, in denen die politischen Grenzen der ursprünglich karolingischen Grafschaften lokal verschoben wurden. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts verursachten ständig ins Niederfränkische hineinstrebende mittelfränkische Wortformen die Ürdinger Linie als Seitenspross der Benrather Linie.
Umgekehrt brachten auch (Frings, 1956: 10) die südwärts wandernden Franken aus alter nördlicher Heimat ingwäonische Phänomene mit, die den mittelfränkischen Einfluss nach Norden bremsten. Rund 1500 beruhigte sich die politische Situation im Rheinland einigermaßen, und der Rheinische Fächer kristallisierte sich aus.

Weblinks

Literatur

  • Frings, Theodor. 1956. . Sprache und Geschichte, Bd. I. In Mitteldeutsche Studien. Halle: Max Niemeyer Verlag. Orig. Die Rheinische Sprachgeschichte. In Die Geschichte des Rheinlandes von der ältesten Zeit bis zur Gegenwart. 1922.
  • Goossens, Jan. 1965. Die gliederung des südniederfränkischen. Rheinische Vierteljahresblätter 30. 79–94.
  • Wenker, Georg. 1915. Das Rheinische Platt. Marburg: Elwert. Orig. Das Rheinische Platt: Den Lehrern des Rheinlandes gewidmet. Marburg: Selbstverlag.