Difference between revisions of "Generalisierte Phrasenstrukturgrammatik"

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== Definition ==
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Die '''Generalisierte Phrasenstrukturgrammatik (GPSG)'''  ist ein Grammatikformalismus, der in der ersten Hälfte der 80er Jahre von [[Gerald Gazdar]], [[Geoffrey K. Pullum]] u. a. als Alternative zu der in dieser Zeit dominanten generativen Transformaionsgrammatik entwickelt wurde. Die GPSG gehört zur Klasse der [[Unifikationsgrammatik]]en.
  
Die generalisierte Phrasenstrukturgrammatik (GPSG) ging aus Arbeiten von Gerald Gazdar et
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=== Kommentare ===
al. (1985) hervor und basiert auf dem Konzept der kontextfreien Prhasenstrukturgrammatik. Gazdar versuchte den [[Transformationsgrammatik|Transformationsgrammatiken]], welche äußerst komplexe Systeme bilden und nur schwer zu beschreiben sind, ein formal eingeschränkteres [[Grammatik|Grammatikmodell]] entgegenzusetzen, das ohne [[Transformation|Transformationen]] und mit einer einzigen Repräsentationsebene auskommt (daher oft als ''monostratales'' Grammatikmodell bezeichnet)..  
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Die GPSG ist ein ''monostrataler'' Formalismus; d.h. es gibt nur eine syntaktische Beschreibungsebene (also auch keine [[Transformation]]en). Jede Grammatik dieses Formats kann prinzipiell in eine einfache kontextfreie Phrasenstrukturgrammatik expandiert werden. Neben formalen Problemen führte vor allem die sich Ende der 80er Jahre unter Linguisten verbreitende Überzeugung, natürlicher Sprachen seien [[mild kontextsensitiv]] - enthielten also Konstruktionen, die sich mit kontextfreien Gramamtiken nicht adäquat erfassen lassen, zu einem deutlich nachlassendem Interesse an der GPSG.  
Die syntaktische Repräsentation ist ein [[Phrasenstruktur|Phrasenstrukturbaum]],
 
dessen nicht-terminale Knoten syntaktische Kategorien in der Form partiell
 
spezifizierter [[Merkmalsstruktur|Merkmalsstrukturen]] sind. Der Grammatikformalismus
 
der GPSG stellt ein komplexes System von Regeln und Bedingungen bereit, welche die
 
Wohlgeformtheit der lokalen [[Strukturbaum|Bäume]] in der Repräsentation eines Satzes
 
und damit die Grammatikalität des Satzes bestimmen. Viele der syntaktischen
 
Gesetzmässigkeiten, die in Transformationsgrammatiken durch Transformationen beschrieben
 
sind, werden in der GPSG durch [[Metaregel|Metaregeln]] repräsentiert, die aus
 
[[Phrasenstrukturregeln]] andere Phrasenstrukturregeln erzeugen. Im vergleich zu kopfgesteuerten Phrasenstrukturgrammatik ([[HPSG]]) ist die Grammatik nur schwach lexikalisiert.
 
  
== GPSG als formales System ==
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Viele Konzepte der GPSG (ID/LP-Format, head feature convention) wurden von der [[Head-Driven Phrase Structure Grammar]] (kurz: HPSG) übernommen.
  
Eine GPSG ist ein formales Modell zur Beschreibung von Sprache.
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===Siehe auch===
Als linguistisches Modell muss es linguistisch signifikante Relationen, wie Dominanz oder
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* [[Feature cooccurrence restrictions]]
Abhängigkeit darstellen bzw. kodieren können und Informationen über deren Zusammenhang
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* [[Feature specification defaults]]
bereit stellen.
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* [[ID/LP-Regeln]]
  
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* [[Metaregeln]]
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* [[Merkmalsinstantiierungsprinzipien]]
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** [[Head feature convention]]
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** [[Foot feature principle]]
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** [[Control agreement principle]]
  
== Der Formalismus der GPSG im Detail  ==
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===References===
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* Gazdar, G. & G. Pullum, 1992.  ''Generalized Phrase Structure Grammar: A Theoretical Synopsis'' Indiana University Linguistics Club, Bloomington, Indiana.
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* Pullum, G. & G. Gazdar (1982). ''Natural languages and context-free languages.'' Linguistics and Philosophy 4(4), 471-504.
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* Gazdar, G. et al. 1985. ''Generalized Phrase Structure Grammar.'' Cambridge, Mass.
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* Shieber, S.M. (1985). ''Evidence against the context-freeness of natural language.'' Linguistics and Philosophy 8, 333-343.
  
Betrachtet man die GPSG aus der Perspektive einer Theorie über formale Sprachen, so
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===Andere Sprachen===
kann man sie sich als Grammatik zur Erzeugung einer kontextfreien Grammatik vorstellen.
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* Englisch [[Generalized Phrase Structure Grammar]]
Der Erzeugungsprozess beginnt mit:
 
  
1. die [[ID-Regeln]] und die [[LP-Regeln]]
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{{wb}}
 
 
:: Die ID-Regeln kann man sich als kontextfreie Produktionsregeln (was sie aber nicht sind!) mit unsortierten rechten Regelseiten vorstellen. Sie haben die Aufgabe die Menge der in einer Grammatik zulässigen Bäume einzugrenzen. Jede ID-Regel lässt nur eine bestimmte Menge von lokalen Bäumen (Baum der Tiefe 1) zu. Eine ID-Regel x-> y1, y2, y3 lässt z.B. sechs lokale Bäume zu, welche sich nur durch die Reihenfolge ihrer Endknoten unterscheiden.
 
 
 
:: LP-Regeln grenzen diese Menge der zulässigen Knoten, durch Ausschliessen der gegen die spezifizierten Ordnungsvorschriften verstossenden Knoten, weiter ein.
 
 
 
:: Wichtig bei ID-Regeln ist, daß Nichtterminalsymbole in den Regeln nicht atomar vorkommen, sondern immer als [Merkmal Merkmal-Wert] - Paare auftreten. Zum Beispiel ist [N +] ein [Merkmal Merkmal-Wert] - Paar und eine Liste aus solchen Regeln {[N +], [V -], [BAR 2]} ist die GPSG-Repräsentation einer Nominalphrase.
 
 
 
 
 
Als nächstes werden
 
 
 
2. [[Metaregel|Metaregeln]] (engl.: meta rules)
 
:: auf die ID-Regeln angewendet, was zur Generalisierung des Regelwerkes führt. Es geht bei diesen Regeln um die Relationen zwischen ID-Regeln. Metaregeln bestehen aus einem festgelegten Eingabe-Schema und einem festgelegten Ausgabe-Schema welches eine erkannte Multisetvariable W enthält. Wenn eine ID-Regel auf die linke Seite einer Metaregel und deren Multisetvariable auf der rechten Regelseite passt erzeugt die Metaregel eine ID-Regel, welche der rechten Regelseite der Metaregel entspricht.
 
 
 
:: Zum Beispiel drückt die Metaregel für das Passiv im Englischen
 
 
 
:: VP -> W, NP
 
:: VP[pas] -> W,(PP[by])
 
 
 
:: aus, daß für jede ID-Regel welche einer Verbalphrase erlaubt eine Nominalphrase zu dominierendes ebenfalls eine Regel in der Grammatik gibt, welche erlaubt, daß die Verbalphrase genau den Inhalt, welchen sie durch die bereits gegebene ID - Regel dominieren darf, auch in Verbindung mit einem "by" dominieren darf.
 
 
 
:: Metaregeln erweitern das Regelwerk um jene Fälle, die in allgemeiner Form durch Metaregeln spezifiziert sind und werden nur auf die ID-Regeln angewandt, die lexikalische Head-Kategorien enthalten.
 
 
 
:: Des Weiteren werden die Prinzipien der
 
 
 
 
 
3. Universellen Instantiierungsprinzipien (UFI)
 
:: auf das erweiterte Regelwerk angewendet, was zu einem noch mehr erweiterten Regelwerk führt. Eines dieser Prinzipien ist die head feature convention welche sicherstellt, daß die Phrasen vom lexikalischen Kopf aus in Strukturbäume projiziert werden. Informell ausgedrückt ist die head feature convention die X'-Theorie der GPSG. Hier findet die Instantiierung von Strukturbäumen als Ausdrucksmittel des Regelwerkes statt.
 
 
 
:: Das Foot-Feature Prinzip schränkt die Instantiierung der Foot-Merkmale in lokalen Bäumen ein. Es legt fest, daß die Menge der in einer Mutterkategorie eines lokalen Baums instantiierten Foot-Merkmale identisch ist mit der Unifikation der in allen Tochterkatergorien des Baums instantiierten Foot-Merkmale.
 
 
 
:: Das Control-Agreement Prinzip (CAP) ermöglicht eine adäquate Behandlung von Kongruenzbeziehungen innerhalb der GPSG, eine einfache und umfassende Umschreibung der Kongruenzbeziehungen, die sich im Prinzip auch direkt durch KF-Regeln erreichen läßt. Das CAP unterscheidet sich in einem Punkt grundsätzlich von den anderen Instantiierungsprinzipien und auch sonst von allen Regeln der GPSG: es setzt voraus, daß semantische Informationen über die Kategorien des lokalen Baumes vefügbar sind.
 
 
 
:: Innerhalb einer ID-Regel ist es möglich, daß die Mutter und eine oder mehrere Töchter dieselben Spezifikationen für n und v haben. Diejenige unter diesen Töchtern mit dem kleinsten bar-Wert, der kleiner oder gleich dem bar-Wert der Mutter ist, wird üblicherweise Head genannt.
 
:: Diese Auszeichnung vor anderen Töchtern ist nützlich, da Mutter und Head (unabhängig von ihrer jeweiligen Spezifikation für n und v) viele weitere Eigenschaften teilen. In GPSG drückt sich dies in der gleichen Spezifikation weiterer Merkmale an Mutter und Head aus. Diese Kospezifikation wird auf der metagrammatischen Ebene durch das Merkmalinstantiierungsprinzip Head Feature Convention (HFC) erreicht. Eine ID-Regel genügt der HFC, wenn ihre Mutter und ihr Head bezüglich einer Menge von Head-Merkmalen übereinstimmen. Durch HFC als universelles Prinzip wird eine weitere Generalisierung erreicht, die mit PS-Regeln nicht darstellbar ist.
 
 
 
Abschließend werden
 
 
 
 
 
4. Aussagen über die linearen Abhängigkeiten (engl. linear precendence (LP) statements)
 
:: auf die Strukturbäume angewandt, was dazu führt, dass die ungeordneten Strukturbäume geordnet werden. Das ultimative Resultat ist eine Liste aus geordneten Strukturbäumen welche Äquivalent zu den Produktionsregeln kontextfreien Grammatik sind. Die resultierende kontextfreie Grammatik kann die Sprache der GPSG ableiten.
 
 
 
== Literatur ==
 
 
 
* ''Gazdar, G., Klein, E., Pullum, G. and Sag, I. 1985''.
 
* ''Generalized Phrase Structure Grammar. Cambridge, MA: Harvard University Press.''
 
* Naumann, S. (1988) ''Generalisierte Phrasenstrukturgrammatik: Parsingstrategien, Regelorganisation und Unifikation'' Max Niemeyer Verlag
 
 
 
== Herkunft ==
 
 
 
*Griechisch ''phrasis'' - Ausdruck, Wendung
 
*Griechisch ''grammatike (techne) zu grammtikos - die Buchstaben betreffend
 
 
 
== RTFM ==
 
 
 
Empfehlenswerte, bestenfalls vorher zu lesende Literatur:
 
* X-Bar - Theorie
 
* Unifikationsgrammatiken
 
* Merkmalstrukturen
 
 
 
 
 
{{wb}}
 
[[Category:Theorie]]
 
[[Category:Linguistik]]
 
 
[[Category:Syntax]]
 
[[Category:Syntax]]
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[[Category:Framework]]

Latest revision as of 07:39, 14 April 2011

Die Generalisierte Phrasenstrukturgrammatik (GPSG) ist ein Grammatikformalismus, der in der ersten Hälfte der 80er Jahre von Gerald Gazdar, Geoffrey K. Pullum u. a. als Alternative zu der in dieser Zeit dominanten generativen Transformaionsgrammatik entwickelt wurde. Die GPSG gehört zur Klasse der Unifikationsgrammatiken.

Kommentare

Die GPSG ist ein monostrataler Formalismus; d.h. es gibt nur eine syntaktische Beschreibungsebene (also auch keine Transformationen). Jede Grammatik dieses Formats kann prinzipiell in eine einfache kontextfreie Phrasenstrukturgrammatik expandiert werden. Neben formalen Problemen führte vor allem die sich Ende der 80er Jahre unter Linguisten verbreitende Überzeugung, natürlicher Sprachen seien mild kontextsensitiv - enthielten also Konstruktionen, die sich mit kontextfreien Gramamtiken nicht adäquat erfassen lassen, zu einem deutlich nachlassendem Interesse an der GPSG.

Viele Konzepte der GPSG (ID/LP-Format, head feature convention) wurden von der Head-Driven Phrase Structure Grammar (kurz: HPSG) übernommen.

Siehe auch

References

  • Gazdar, G. & G. Pullum, 1992. Generalized Phrase Structure Grammar: A Theoretical Synopsis Indiana University Linguistics Club, Bloomington, Indiana.
  • Pullum, G. & G. Gazdar (1982). Natural languages and context-free languages. Linguistics and Philosophy 4(4), 471-504.
  • Gazdar, G. et al. 1985. Generalized Phrase Structure Grammar. Cambridge, Mass.
  • Shieber, S.M. (1985). Evidence against the context-freeness of natural language. Linguistics and Philosophy 8, 333-343.

Andere Sprachen