Morph (de)

From Glottopedia
Revision as of 10:40, 25 December 2012 by Wohlgemuth (talk | contribs)
(diff) ← Older revision | Latest revision (diff) | Newer revision → (diff)
Jump to navigation Jump to search

Ein Morph ist die kleinste, bedeutungstragende Einheit der Sprache, die durch Segmentieren gewonnen wurde, aber noch nicht klassifiziert ist. Sie gehört damit der parole an. Man kann grammatische und lexikalische Morphe unterscheiden, je nach der Art ihrer Bedeutung oder grammatischen Funktion.

Beispiel

Ein Wort wie "unzerbrechliches" lässt sich wie folgt in Morphe zerlegen: "un-zer-brech-lich-es". Dabei sind "un-", "zer-" und "-lich" Morphe, die der Wortbildung dienen, "-es" ist ein Flexionsmorph und "brech-" ein lexikalisches Morph. Als Verfahren genügt es in diesem Fall, einfach nach und nach ein Segment nach dem anderen so wegzulassen, dass immer noch ein Wort oder wenigstens der Wortstamm übrig bleibt.

Wenn man dann die gewonnenen Morphe klassifiziert, das heißt, daraufhin untersucht, welche Bedeutung sie haben und mit welchen anderen Morphen zusammen sie ein Morphem bilden, kann man sie als Allomorphe eines Morphems identifizieren. So wird man finden, dass die Morphe "brech"-/ "brach"/ "bräch"- und "broch"- zum selben Morphem gehören und damit dessen Allomorphe sind. (Der morphologische Status der Vokalwechsel sei dabei einmal vernachlässigt.)

Segmentierung in Morphe

Für die Segmentierung von Wörtern in Morphe gibt es etliche verschiedene Verfahren. Bekannt ist

  • die square-Methode Greenbergs. Sie beruht vereinfacht darauf, dass man perfect squares bildet wie: Haus-es : Haus-e :: Schloss-es : Schloss-e. Schematisch: AC : AD :: BC : BD. Jedem Buchstaben entspricht dabei ein Morph mit einer bestimmten Bedeutung. Ist das Schema erfüllt, kann man ein Wort entsprechend in Morphe zerlegen.
  • die statistische Methode von Harris: Hierbei werden Wörter so analysiert, dass man beim Wortanfang beginnend Laut für Laut auszählt, wie viele Nachfolgerlaute möglich sind; dasselbe Verfahren wird auch rückwärts durchgeführt. An den Stellen, an denen die Nachfolger- oder Vorgängerzählung große Zahlenunterschiede aufweisen, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Morphgrenze. Langer hat dieses Verfahren für das Deutsche übernommen, mit einer hohen Trefferzahl.
  • weniger formal, stärker auf Beachtung semantischer und formaler Eigenschaften der Wörter bezogen, sind die Möglichkeiten der Morphsegmentierung von Best beschrieben worden. Dabei sind die klaren schrittweise von den immer problematischeren Fällen getrennt.
  • ein Verfahren, das letztlich auch zu Morphem führt, ist die Anwendung der Analyse von Wörtern in ihre unmittelbaren Konstituenten, die sogenannte IC-Analyse, manchmal auch UK-Analyse genannt. Bei diesem Verfahren geht es darum, die hierarchische Struktur von sprachlichen Einheiten zu erarbeiten, in diesem Fall also von Wörtern.

Literatur

  • Best, K.-H. 2001. Zur Länge von Morphen in deutschen Texten. In: Best, K.-H. (Hrsg.), Häufigkeitsverteilungen in Texten (S. 1-14). Göttingen: Peust & Gutschmidt.
  • Best, K.-H. 2008. LinK. Linguistik in Kürze mit einem Ausblick auf die Quantitative Linguistik. Skript. 5., durchgesehene Auflage. Lüdenscheid: RAM-Verlag.
  • Fleischer, W. 1968. Unmittelbare Konstituenten in der deutschen Wortbildung. In: Ruzicka, R. (Hrsg.), Probleme der strukturellen Grammatik und Semantik. Leipzig: Karl-Marx-Universität (S. 35-53). In Kommission: Halle: Niemeyer.
  • Greenberg, J.H. 1957. The Definition of Linguistic Units. In: Greenberg, J.H., Essays in Linguistics (S. 18-34). Chicago/ London: University of Chicago Press.
  • Greenberg, J.H. 1960. A Quantitative Approach to the Morphological Typology of Language. International Journal of American Linguistics 26: 178-194.
  • Harris, Z.S. 1951. Structural Linguistics. Chicago/ London: The University of Chicago Press 1960.
  • Harris, Z.S. 1955. From Phoneme to Morpheme. Language 31: 190-222. Auch in: Harris, Z.S., Papers in Structural and Transformational Linguistics (S. 32-67). Dordrecht: Reidel.
  • Harris, Z.S. 1967. Morpheme Boundaries within Words: Report on a Computer Test. In: Transformations and Discourse Analysis Papers 73. Auch in: Harris, Z.S., Papers in Structural and Transformational Linguistics (S. 68-77). Dordrecht: Reidel 1970.
  • Langer, H. 1991. Ein automatisches Morphsegmentierungsverfahren für deutsche Wortformen. Göttingen, diss. phil.

Andere Sprachen

englisch morph