Kontiguität

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Der Begriff Kontiguität bezeichnet die textkonstituierende semantische Relation zwischen Lexemen.

Kommentare

Während bei der expliziten Wiederaufnahme durch referenzidentische sprachliche Ausdrücke (z. B. durch Proformen) satzgrenzenüberschreitend Koreferenz hergestellt wird, beziehen sich bei der impliziten Wiederaufnahme nicht referenzidentische sprachliche Ausdrücke aufeinander, weil zwischen ihnen eine semantische Nähe besteht. Diese lässt sich logisch, ontologisch oder kulturell begründen (Harweg 1968: 192 ff, Brinker 1992: 34 ff):

  • logisch begründbare Kontiguität, z. B. Frage - Antwort, Start - Landung, Anfang - Ende,
  • ontologisch (naturgesetzlich) begründbare Kontiguität, z. B. Pflanze - Wurzel, Schwein - grunzen,
  • kulturell begründbare Kontiguität, z. B. Operation - Krankenhaus, Zug - Schiene (vgl. Brinker 1992: 34).

Bußmann erklärt den Begriff Kontiguität als Relation zwischen Lexemen, die der gleichen semantischen, logischen, kulturellen oder situationellen Sphäre angehören. Solche Kontiguitätsbeziehungen sind als semantisches Gerüst textkonstituierend (Bußmann 1990: 418).

Greber kommt im Zusammenhang mit Überlegungen zu Textkohärenz und Wissensrepräsentation zu einer Neubestimmung von Kontiguitätsanaphern.

  • Bei Kontiguitätsanaphern handelt es sich um eine spezifische Art von nominalen Anaphern, deren Auflösung besondere Schwierigkeiten bietet, da sie - im Unterschied zu anderen Anaphern - nicht koreferent mit dem Antezedens (beziehungsweise Antezedentien) im Text sind, auf das sie sich anaphorisch beziehen, und daher die Beziehung zwischen Anapher und Antezedens nur durch Inferenz hergestellt werden kann (Greber 1993: 361).

Für die Kategorisierung von Kontiguitätsrelationen schlägt Greber u. a. vor

  • Raum- und Zeit-Kontiguität, z. B. Tag - Nacht, Berg - Gipfel (375 f),
  • logische Kontiguitätsrelationen (376 f),
  • Teil-Ganzes-Beziehungen, z. B. Rüssel - Elefant (377 f).

In der Kognitiven Linguistik wird der nicht referenzidentische Rückgriff auf einen Anker auch als indirekte Anapher bezeichnet (vgl. Schwarz 2000).

Siehe auch

Wiederaufnahme, indirekte Anapher, Textisotopie, Textsemantik

Link

Eva Schoenke, Textlinguistik-Glossar

Literatur

  • Brinker, Klaus. 1992. Textlinguistik. Heidelberg: Groos.
  • Bußmann, Hadumod. 1990. Lexikon der Sprachwissenschaft. 2. Auflage. Stuttgart: Kröner. (1. Auflage 1983).
  • Greber, Erika. 1993. Zur Neubestimmung von Kontiguitätsanaphern. Sprachwissenschaft 18/93: 361-405.
  • Harweg, Roland. 1968. Die Rundfunknachrichten. Versuch einer texttypologischen Einordnung. Poetica 2, 1-14.
  • Schwarz, Monika. 2000. Indirekte Anaphern in Texten. Studien zur domänengebundenen Referenz und Kohärenz im Deutschen (= Linguistische Arbeiten 413). Tübingen: Niemeyer.